"Wenn Christus von den unmoralischen, unbelehrbaren Menschen sprach, meinte er, dass auch harte
Maßnahmen ihnen gegenüber ergriffen werden können. Deswegen warf er die Tische der Geldwechsler um und trieb die Verkäufer aus dem Tempel. Warum gab er dann auf die Frage von Petrus folgende Antwort:
‹Da trat Petrus zu ihm und fragte: Herr, wie oft muss ich meinem Bruder vergeben, wenn er sich gegen mich versündigt? Siebenmal? Jesus sagte zu ihm: nicht siebenmal, sondern siebenundsiebzigmal.› [Matthäus 18,21–22]
Einerseits ist es erlaubt, harte Maßnahmen den unmoralischen Menschen gegenüber zu ergreifen, andererseits muss man ihnen unendlich oft vergeben. Für mich war das früher ein unlösbares Dilemma. Dann verstand ich, dass diese Widersprüchenur auf der äußeren Ebene unerklärlich und unvereinbar zu sein scheinen. Wenn man die Worte Christi mit den im Alten Testament beschriebenen Ereignissen vergleicht, kommt man zu folgender Schlussfolgerung: die Menschheit
hatte sich geändert, ihre Möglichkeiten zur Transformation waren gewachsen. Vergebung schließt Bestrafung nicht aus. Vergebung bedeutet, die Liebe zu einem Menschen zu bewahren, der sich unwürdig benimmt. Sie bedeutet auch, dass harte Maßnahmen gegen diesen Menschen nicht auf seine
Vernichtung gerichtet sein sollen, sondern ihm helfen müssen, sich zu verändern. Jesus gestand jedem die Möglichkeit zur Transformation und den Übergang in den neuen Zustand zu. Harte Maßnahmen sollten den Menschen nicht von den anderen abschneiden, sondern ihm helfen, sie aufzuholen."
Aus:
S. N. Lazarev: Erziehung der Eltern Teil 1
[Der Mensch der Zukunft],
2. überarb. Aufl. 2014,
S. 83-84.
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